Ministerpräsident Aso wird wohl nicht mehr allzu lange im Amt bleiben. In Japan ist das keine gewagte Vorhersage. Die Ministerpräsidenten wechseln hier schneller als die Trainer von Borussia Mönchengladbach. Asos Popularität ist denn auch schon im freien Fall. Erst im September von Parteifreunden hinter verschlossenen Türen ins Amt gehievt, kam er im November noch auf 40 Prozent Unterstützung. Anfang Dezember waren dagegen nur noch 20 Prozent der Japaner mit seiner Arbeit zufrieden. Übel nehmen ihm die Wähler vor allem seine unklare und zögerliche Haltung in Wirtschaftsfragen.
Aso macht aber nicht nur einen auf Merkel, sondern er hat es zusätzlich geschafft, mit einigen Peinlichkeiten Stimmen einzubüßen. Im November beispielsweise scheiterte Aso mehmals bei dem Versuch, nicht allzu exotische japanische Schriftzeichen auszusprechen, die ihm seine Mitarbeiter ins Redemanuskript geschrieben hatten. Japans Zeitungen nennen Aso seither einen KY Premierminister. KY steht normalweise für kuuki yomenai, was so viel bedeutet wie ein Premier, der die aktuelle Stimmungslage nicht lesen kann. Im Fall von Aso steht KY jetzt für kanji yomenai, also ein Premier, der japanische Schriftzeichen nicht lesen kann. Ich habe die ganzen Episoden mit einiger Erleichterung verfolgt. Wenn schon der Premier handelsübliche Kanji nicht kennt, dann muss ich wohl auch nicht verzweifeln, wenn ich mal wieder ein Schriftzeichen vergessen habe.
Davon abgesehen war mir Aso allerdings von Anfang unsympathisch. Das lag vor allem an seinem arroganten Grinsen, das er sich als Kind einer stinkreichen Politikerdynastie vermutlich schon früh auf irgendwelchen Eliteschulen angewöhnt hat. Naja, wahrscheinlich werde ich das Grinsen bald nicht mehr sehen müssen. Dann darf der nächste Premier sein Glück versuchen.
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