Montag, 26. Januar 2009

Asashoryu vs Hakuho

Zeremonie zu Beginn des Turniertages

"Ha-ku-ho, Ha-ku-ho", schallt es durch die ausverkaufte Halle. Seit Stunden haben die 13.000 Zuschauer auf diesen Moment gewartet: Hakuho gegen Asashoryu. Das Match der Yokozuna, der beiden Ringer mit dem höchsten Rang im Sumo-Sport. Es ist der Höhepunkt des zweiwöchigen Hatsu Basho Turniers und ein Finale, das sich jede Sportart wünscht: Guter Junge gegen Bad Boy, der Publikumsliebling gegen den strauchelnden Rüpel. Die Ausgangslage für diesen Ringkampf hätte nicht spannender sein können: Der beliebte Hakuho hatte während der vergangenen zwei Wochen nur einen Kampf verloren. Yokozuna Asashoryu war noch unbesiegt. Würde Hakuho gewinnen, hätten beide die gleiche Anzahl von Siegen auf ihrem Konto und es gäbe ein zweites Match um den Turniersieg. Würde Asashoryu gewinnen, wäre ihm der Turniersieg nicht mehr zu nehmen.


Mein bescheidener Stitching-Versuch: Das ausverkaufte Ryogoku Kokugikan

Jetzt stehen sich beide gegenüber, gehen in die Hocke, sehen sich in die Augen. Doch Hakuho lässt sich Zeit, richtet sich wieder auf, geht in die Ecke, wischt sich das Gesicht, schlägt sich mit der Faust gegen den Gürtel, dann zurück in den Ring, wieder in die Hocke. Dreimal geht das so. Sein mongolischer Landsmann Asashoryu wirkt entschlossener. Als Hakuho zum dritten Mal in die Ringecke geht, wirft Asashoryu energisch die Arme in die Luft. Die Zuschauer raunen. Als der Kampf schließlich beginnt, geht plötzlich alles sehr schnell. 300 Kilogramm Fleisch und Muskeln prallen lautstarkt aufeinander. Beide versuchen den Gürtel ihres Gegners zu packen. Hakuho gelingt das besser. Mit zwei, drei kurzen Schritten schiebt er Asashoryu aus dem Ring. Die Halle tobt. Der Mann vor mir ballt die Faust und umarmt seinen Sohn. Der ist drei, vier Jahre alt und weiß gar nicht so recht, was gerade vor sich geht. Mein Sitznachbar dagegen ist in sich zusammengefallen, kauert still auf seinem Platz und schüttelt den Kopf. Auch Asashoryu hat also seine Fans - und die hoffen jetzt auf den zweiten Kampf der beiden, der in wenigen Minuten das Turnier entscheiden wird.



Die gleiche Prozedur also noch einmal: In die Hocke, in die Ringecke, Gesicht wischen, wieder zurück in den Ring. Dann der Kampf. Jetzt erwischt Asashoryu die bessere Ausgangsposition, er greift den Gürtel von Hakuho, wuchtet die 154 Kilo in die Höhe und trägt seinen Gegner aus dem Ring. Die Zuschauer wirken enttäuscht, klatschen aber lautstark Beifall. Er hat es also doch wieder geschafft. Rufe nach einem Rückzug Asashoryus aus dem Sumo-Sport dürften erstmal wieder verstummen.



Nach dem Ringkampf wird Asashoryu interviewt. Ihm laufen Tränen über das Gesicht. "Ich habe gewonnen", ruft er in die Halle und beteuert: "Ich liebe Japan". Mancher Zuschauer brummt etwas ungläubig, aber der Respekt für die Sumo-Sportler ist riesig. Buh-Rufe oder Pfeifen hört man jedenfalls nicht. Seinen Pokal erhält Asashoryu dann vom japanischen Ministerpräsidenten Aso. Anschließend wird er mit Präsenten überhäuft. Der Botschafter Mexikos zum Beispiel steigt in den Ring und verspricht ihm ein Jahr lang Freibier. Der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emiraten schenkt - wie sollte es anders sein - ein Jahr lang Benzin. So geht das eine halbe Stunde: Einer nach dem anderen klettert in den Ring und liest seine Geschenkeliste vor: Von Miyazaki, einer Region im Süden Japans, bekommt Asashoryu ein Rind und eine Tonne Obst. Der japanische Landwirtschaftsverband spendet eine Tonne Chanko, den bei Sumo-Ringern so beliebten Eintopf. Zum Schluss steht noch eine Zeremonie an: Die Götter sollen verabschiedet werden. Dazu werfen ein paar Nachwuchsringer den Ringrichter dreimal in die Höhe. Beim dritten Mal fangen sie ihn beinahe nicht mehr auf. Der Ringrichter kriecht über den Boden, sucht sein schwarzes Hütchen, die Zuschauer sind amsüsiert. Ein netter Abschluss eines packenden Tages.



Ritual vor Beginn des Ringkampfes

Wer die Ultraman-Figur schon hat: Wieso nicht einen Plastik-Ringer kaufen?


Zur Mittagszeit mühen sich die Ringer der dritten Liga vor leeren Rängen ab.

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