Freitag, 30. Januar 2009

Ja-Sagen in Japan

Japanische Hochzeitsfeiern sind strenger durchorganisiert als deutsche Kaffeefahrten. Ständig passiert irgendetwas. Braupaar kommt rein. Kurze Rede Bräutigam. Kurze Rede Braut. Video zeigt Bräutigam nackt als Zweijährigen. Gelächter. Video zeigt Braut als Kind im Kimono. Oooohhh. Kawaiiiii. Süüüüß. Auf Dias spaziert das frisch verliebte Paar durch Disneyland. Jetzt bitte alle raus in den Garten. Kleines Feuerwerk. Der Brautstrauß fliegt durch die Luft. Alle wieder rein. Das Brautpaar zieht sich um. Klatschmarsch. Schnell den Hauptgang herunter schlingen bevor das Steak kalt wird. Der Chef des Bräutigams hält eine Rede. Der Vorgesetzte der Braut auch. Die Eltern schenken Sake aus. Ein paar Kollegen führen einen albernen Sketch auf mit Transvestiten-Witzen und Krankenschwester-Kostümen. Aus Gelächter wird Gejohle. Noch ein Bier. Die zwei Stunden sind rum. Der offizielle Teil ist vorbei.

Mir gefällt das alles sehr gut, denn die Organisation hat einen unschlagbaren Vorteil: Es bleibt keine Zeit für quälenden Smalltalk mit anderen Gästen. Meine Tischnachbarin hat mir in wenigen Minuten atemlos ein paar Grundinformationen zugeraunt: Komme aus Korea, lange in den USA gelebt, arbeite für amerikanische Bank – solange die Bank mein Projekt nicht beerdigt und mich entlässt. Kurzes gemeinsames Wirtschaftskrisen-Lachen. Dann geht das Programm auch schon weiter.

An den offiziellen Teil mit Eltern, Verwandten und engen Freunden schließt sich die Party mit Bekannten und Kollegen an. Die dauert ebenfalls exakt zwei Stunden und ist ähnlich organisiert: Noch mal die gleichen Videos, wieder ein paar Reden. Dazu Bier, Sake und Buffet. Plötzlich wird ein Freund auf die Bühne gezerrt. Der soll Karaoke singen, ist ungefähr 1,50 Meter groß und trägt einen Anzug, der Helmut Kohl gepasst hätte. Die Menge ist begeistert, das Brautpaar zieht sich noch mal um. Dann Tombola. Eine junge Frau gewinnt zwei Tickets für Disneyland und erklärt, dass sie leider keinen Freund habe, der sie begleiten könne. Sofort springen 20, 30 junge Japaner auf, schreien: ich, ich, hier, nimm mich. Manchmal mag ich diesen kindlichen, albernen Humor sehr. Dann geht grelles Licht an. Die Kellner räumen die Tische ab. Schluss mit Party. Es ist 7 Uhr abends. Zum Abschied bekommen alle eine schöne Tüte geschenkt. Darin sind ein paar Süßigkeiten und ein Katalog. Aus dem können wir uns zuhause ein kleines Geschenk auswählen, mit dem sich das Brautpaar für unseren Besuch bedankt. Zur Auswahl stehen Pfannen, Teller, Onsen-Gutscheine und eine Menge mehr. Mal sehen, ob die morgige Hochzeitsfeier ähnlich abläuft.

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